Verlängerte Kälberaufzucht auf dem Geburtsbetrieb

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Jeder Transport kann bei Kälbern großen Stress auslösen. In vielen Milchviehbetrieben war es bis vor Kurzem üblich, Kälber, die nicht zur eigenen Nachzucht genutzt werden, im Alter von zwei Wochen abzugeben. Aus tierärztlicher Sicht werden besonders diese Tiere als „Tiere mit physiologischen Schwächen“ gesehen. Aus diesem Grund wurde die Tierschutztransportverordnung geändert. Kälber dürfen ab dem 01. Januar 2023 nicht vor dem 28. Lebenstag transportiert werden.

 


Als Reaktion auf diese gesetzlich Änderung hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen folgende Fragen im Rahmen einer Praxiserprobung im LBZ Echem geprüft:
•    Wie entwickelt sich das Kalb und dessen Immunsystem? Untersucht anhand der Festfutteraufnahme und täglichen Tageszunahme sowie mit Hilfe von Blutparametern, bis zum Ende der 4. Lebenswoche.
•    Was bedeutet es finanziell wenn Kälber ca. zwei Wochen länger auf dem Geburtsbetrieb bleiben?

Fachlicher Ansatz:
•    Aufzucht von Kälbern mit ausreichendem Immunschutz, die mit Kontakt eines breit gefächerten Erregerspektrums (z. B. durch das Zusammentreffen vieler Tiere auf einer Sammelstelle, beim Transport und am Bestimmungsort) besser umgehen können.
•    Vermarktung/Transport von belastbareren Kälbern mit ausreichend körperlichen Reserven.
•    Entwicklung von Haltungskonzepten bei verlängerter Kälberaufzucht.

Durchführung:
•    Aufzucht von männlichen sowie Kreuzungs-Kälber statt bis zur 2. Lebenswoche, bis zum Abschluss der 4. Lebenswoche.
•    Zur Überprüfung der anfallenden Kosten, bei ca. zwei Wochen längerer Aufzucht, werden der Verbrauch an Milchaustauscher und Kälber-TMR, sowie anfallende Kosten aufgrund von ggf. Enthornung und Tierarztkosten (z.B. Grippeimpfung) dokumentiert.
•    Zur Überprüfung der körperlichen und immunologischen Entwicklung werden alle Daten in Bezug auf Geburtsverlauf, Kolostrumversorgung und Vitalität am 3. Lebenstag dokumentiert, sowie Blutparameter untersucht.

Datenerfassung: Jan 2022 – August 2022

Hintergrund:
Ende November 2021 wurde die Änderung der Tierschutztransportverordnung beschlossen. Das Mindesttransportalter von Kälbern wurde von 14 auf 28 Tage angehoben. Ab dem 1. Januar 2023 dürfen Kälber erst ab dem 28. Lebenstag überbetrieblich transportiert werden.

Erste Erfahrungen:

Als Vorbereitung für die aktuelle Erprobung auf dem Betrieb, werden unsere Kälber im LBZ Echem seit Sommer 2021 frühestens mit dem 28. Lebenstag verkauft. Daher war es uns möglich schon erste Erfahrungen in Bezug auf mögliche Effekte zu sammeln. 

Bei den 52 Tieren, die in die Erprobung einbezogen wurden, konnten wir neben einer sehr stabilen täglichen Tageszunahme und dementsprechend gutem Verkaufsgewicht, auch den positiven Effekt der Gruppenhaltung ab dem 21. Tag und der steigenden Festfutteraufnahme klar erkennen. Nach Absprache mit dem Mäster, der unsere Tiere übernimmt, haben wir einen Tränkeplan erstellt, bei dem wir ad libitum starten und ab dem 21. Tag schrittweise auf 10 Liter/Tag reduzieren. Die Tiere beginnen sich mehr für die KälberTMR zu interessieren und durchlaufen geringeren Stress aufgrund der schon bestehenden Gruppenhaltung, die auf dem Mastbetrieb fortgeführt wird. 

Auch ist es nun möglich die Tiere noch vor Transport erstmalig gegen Grippe zu impfen und so die Impfung nicht mehr metaphylaktisch einzusetzen, heißt zum Zeitpunkt der Ankunft auf dem Mastbetrieb, sondern prophylaktisch auf dem Geburtsbetrieb. 

Die Tiere machen also alles in allem zum Zeitpunkt des Transportes einen sehr vitalen Eindruck und die positive Rückmeldung des Mästers bestärkt uns sehr in unserer Wahrnehmung. 

Nichts desto trotz nehmen auch wir die neue Regelung als arbeitsintensiv wahr und müssen uns Gedanken machen wie wir unsere Gruppengrößen erhalten können, ohne das es zu Einbußen in der Tiergesundheit kommt. 

Ein erster Schritt war unsere Anschaffung der TopCalf Kälber-Hütten mit denen wir sehr zufrieden sind. Dadurch haben wir nicht nur mehr Platzkapazitäten, sondern auch eine Möglichkeit der frühen Gruppenhaltung.

 

Eine ausführlicher Erfahrungsbericht kann untenstehend heruntergeladen werden.

Stand: 20.02.2023


Kontakt:
Dr. med. vet. Caroline Esfandiary
Telefon: 0170 3385031
E-Mail: